Offener Brief zur Linzer Westring-Transitautobahn A26

Sehr geehrter Herr Dr. Gusenbauer, sehr geehrter Herr Dr. Schüssel!

Linz, 23.10.06

An
Herrn Dr. Alfred Gusenbauer
Herrn Dr. Wolfgang Schüssel

Betrifft: Offener Brief zur Linzer Westring-Transitautobahn A26
„Leben an der Autobahn kann tödlich sein“

Sehr geehrter Herr Dr. Gusenbauer, sehr geehrter Herr Dr. Schüssel,

gemäß UVP-G 2000 (BGBl. 262/17.07.06) sind viele Stadtteile von Linz jeweils wegen PM10 und wegen Stickstoffdioxid als „belastete Gebiete“ (Luft) ausgewiesen. Ebenso weist der letzte aktuelle Lärmkataster der Landes OÖ deutliche Überschreitungen von Lärmgrenzen im Verlauf der gesamten A7 (Stadtgebiet Linz und angrenzende Gemeinden) auf und bezeichnet nach der Teilsanierung Bindermichl noch immer weite Gebiete, die seit Jahren auf eine dringend notwendige Lärmsanierung warten.

Die Feinstaubbelastung ist vorrangig den Emittenten Gewerbe/Industrie und Verkehr, die Stickstoffdioxidbelastung vorrangig dem Verkehr zuzuordnen. Die Lärmbelastung ausschließlich dem Verkehr, vorwiegend dem Schwerverkehr und hier wiederum besonders den LKW (PKW) Reifen. Dies bedeutet – dazu verweisen wir im Besonderen auf das Beispiel Tirol – dass es höchst an der Zeit ist, die Ursachen dieser Belastungen durch entsprechende Maßnahmen zu reduzieren.

Zu diesen Maßnahmen zählen in keinem Fall der weitere Straßen- bzw. Autobahnbau, sondern vor allem die Reduktion sowohl des Lkw- als auch des Pkw-Verkehrs. Dies kann insbesondere durch die ständige Verbesserung und Bewerbung des ÖPNV sowie durch Begrenzung des Schwerverkehrs (Anlastung interner wie externer Kosten, Fahrverbote aus Gründen des Gesundheitsschutzes etc.) erfolgen.

Der Bau der Linzer Westring-Transitautobahn A26 ist daher aus gesundheitlichen Gründen strikt abzulehnen. Ebenso aus der ökonomischen Betrachtung, wonach „mehr Verkehr – mehr Gesundheitsbelastungen – mehr Gesundheitsfolgekosten“ aus budgetären Gründen nicht mehr tragbar ist.

Der Parlamentsbeschluss für die Westring-Autobahn im Jahre 2002 basiert auf geplanten Kosten von 225 Mio. €. Der Beschluss beruhte schon damals auf falschen Kostenschätzungen. Mittlerweile wird sogar von Seiten der ASFINAG von mindestens 700 Millionen € ausgegangen. Nach Schätzungen der Plattform sind Baukosten von 1 Milliarde € zu erwarten. Sowohl beim Bau als auch in der Erhaltung stellt die A26 das teuerste Autobahnstück Europas dar. Alleine um die jährlichen Erhaltungskosten könnten 40.000 ÖPNV Jahreskarten an sozial schwächere PendlerInnen verschenkt werden. So eine soziale Maßnahme würde die Strassen mit einem Schlag deutlich für den nötigen Wirtschaftsverkehr entlasten.

Trotz vieler Versprechungen haben die Projektbetreiber bis dato verabsäumt, die betroffene Bevölkerung in Linz und in den Gemeinden an der Rohrbacher Bundesstrasse über die wahren Auswirkungen dieses Projekts aufzuklären.

Die Plattform für Alternativen zur Westring-Transitautobahn fordert Sie daher höflichst auf, folgende Punkte bei Erstellung des neuen Regierungsprogramms zu berücksichtigen:

– Die Gesundheit und Lebensqualität der BürgerInnen muss absoluten Vorrang vor dem Prinzip des freien Waren- und Personenverkehrs insbesondere in ohnedies bereits „belasteten Gebieten“ (Luft, Lärm) haben.
– Der Parlamentsbeschluss für die A26 kann wegen der falschen Kostenannahmen keine Gültigkeit mehr haben. Im Interesse der österreichischen SteuerzahlerInnen wird daher von Seiten der Plattform gefordert, diesen Beschluss aufzuheben und Neuverhandlungen unter dem Aspekt einer nachhaltigen Verkehrslösung für den gesamten Großraum Linz einzuleiten mit den Prioritäten
1. Allgemeine Verringerung des Individualverkehrs.
2. Innerhalb des Zentralraumes von Linz und Umgebung absoluter Vorrang für den Öffentlichen Verkehr.
3. Verkehrsplanung als Mobilitätsplanung betreiben, die nicht nach politischen Prioritäten ausgerichtet werden darf, sondern den Bedürfnissen der BürgerInnen entsprechen muss.
4. Prüfung von strassenbaulichen Alternativen zu dieser unfinanzierbaren Tunnelkette:
– Kleine Brückenlösung weiter westlich von Linz
– Ostumfahrung
– Dem Bau von neuen Transitrouten muss Einhalt geboten werden. Transitautobahnen mitten durch eine Stadt dürfen nicht genehmigt werden.
– Zentraler Fokus einer zukunftsweisenden Verkehrspolitik muss die Verlagerung zum öffentlichen Verkehr mit der Schaffung von Anreizsystemen sein (z.B. auch steuerliche Absetzbarkeit von Monats- und Jahreskarten für die PendlerInnen, Förderung von Mobilitätsprogrammen für Firmen).
– Die zuständigen Gremien der EU müssen dringend dazu aufgefordert werden, eine Kategorisierung der Abrollgeräusche aller Autoreifen, insbesondere aller LKW-Reifen, herbeizuführen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten, dass europaweit nur solche Reifen verwendet werden dürfen, die das geringfügigste Abrollgeräusch erzeugen.

Mit freundlichen Grüssen

Alexandra Auf der Klam e.h. – Krankenschwester
Franz Bauer e.h. – Lärmplattform Urfahr
Peter Baalmann e.h. – Verein Fahrgast
Mag. Helmut Beschek e.h. – Künstler
Dr. Bettina Csmarits e.h. – Fachärztin für Radiologie
DDr. Franz Englmair e.h. – Unternehmer
Dr. Rupert Frechinger e.h. – Medizincontroller, Arzt für Allgemeinmedizin
Dr. Aldo Frischenschlager e.h. – Rechtsanwalt
Mag. Maria Navarro-Frischenschlager e.h. – Rechtsanwältin
Fritz Gurgiser e.h. – Transitforum Austria-Tirol
Dr. Stefan Gmeiner e.h. – Facharzt für Neurochirurgie
Dr. Alfred Jaeger e.h. – Rechtsanwalt
Konstanze Jaeger e.h. – Lehrerin
Gerda Lenger e.h. – Dipl. med. tech. Analytikerin
Dr. Gabriela Moser e.h. – Nationalratsabgeordnete
Dr. Rolf Moser e.h. – Physiker, Bürgerinitiative gegen den Bau der A26
Dr. Wolfgang Nopp e.h. – Facharzt für Anästhesie
Univ. Prof. DDr. Michael Pammer e.h. – Wirtschaftshistoriker
Dr. Sonja Sommergruber – Ärztin
Mag. Arch. Helmut Tischler e.h. – Architekt
Dr. Martin Wiesenberger e.h. – Facharzt für Lungenheilkunde
Ernst Winter e.h. – Dipl. Sozialpädagoge
Mag. Cornelia Winter – Raab e.h. – Lehrerin

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